Urban Innovation – Stadt neu denken! – online-Konferenz #2

Aufzeichnung der Zoom-Konferenz:

Präsentation der Veranstaltung:

Airfield21d

Hier ist der RNZ-Artikel vom 18.03.21 zu lesen (pne):

Vorhang auf und viele Fragen offen

Vor dem Bürgerentscheid zum Ankunftszentrum: Gemeinderäte und Experten diskutierten – Airfield als alternativer Standort? Von Philipp Neumayr 18. März 2021

Nach der Wahl ist vor der Wahl: Am 11. April entscheidet die Heidelberger Bürgerschaft über die Frage, wo das Ankunftszentrum für Geflüchtete künftig seinen Platz haben wird. Auf Einladung des Vereins Urban Innovation beleuchteten Stadträte und Experten am Dienstagabend verschiedene Perspektiven auf diese Frage. Zudem diskutierten sie darüber, wer eigentlich über diese Standortfrage entscheiden sollte – und bekamen, für manch einen überraschend, spontan zwei alternative Ideen präsentiert. In der Spitze rund 50 Menschen waren bei der knapp zweistündigen Online-Veranstaltung auf Zoom und Youtube dabei. Die RNZ hat die wichtigsten Perspektiven und Aussagen zusammengefasst:

> Die Perspektive der Gemeinderatsfraktionen: Der Bürgerentscheid komme zu früh, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Derek Cofie-Nunoo. Um über einen Standort entscheiden zu können, müssten zunächst wichtige Fakten geklärt werden – etwa die Frage nach einem Flächenausgleich. „Die Frage Wolfsgärten Ja oder Nein können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös beantworten.“

Sollte der Standort Wolfsgärten abgelehnt werden, habe man keinen möglichen Standort mehr, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Jan Gradel. Er erinnerte daran, dass der Gemeinderat bereits eindeutig entschieden habe – sowohl, dass das Ankunftszentrum auf die Wolfsgärten zieht, als auch in der Frage, was mit PHV passieren soll. Aktuell verfalle man in eine Politik, mit der man sage, wo man etwas nicht haben wolle, aber nicht, wo man etwas haben wolle, kritisierte Gradel.

SPD-Fraktionsvorsitzende Anke Schuster wünschte sich für den 11. April eine eindeutige Entscheidung, was bedeutet: Das Quorum werde erreicht – und „ein klarer Auftrag“ an den Gemeinderat übermittelt. Die Position der SPD sei stets gewesen: keine Verlagerung des Ankunftszentrums in die Wolfsgärten, stattdessen ein Ankunftszentrum in Patrick-Henry-Village (PHV), stellte Schuster klar.

> Die Perspektive des Bürgerbegehrens: Die Wolfsgärten seien „absolut ungeeignet“, sagte Dorothee Hildebrandt, eine von drei Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens. In ihrer „isolierten Randlage“ seien sie kein Wohnort für Menschen, aber auch klimaökologische und stadtentwicklungstechnische Gesichtspunkte sprächen gegen den Standort. Grundsätzlich sei das Bündnis für Ankunftszentrum, Flüchtlinge und Flächenerhalt Heidelberg offen für jeden guten Standort. In PHV könne man aber drei Aufgaben besonders gut zusammendenken: preisgünstiges Wohnen, Kampf gegen die Klimakrise – und die Aufnahme von Menschen auf der Flucht. 

> Die Perspektive des Seelsorgers: Jochen Winter arbeitet seit fünf Jahren als Seelsorger für Geflüchtete in PHV. Er sagte: „Das Wichtigste, wenn Menschen hier ankommen, ist, dass sie Sicherheit finden.“ Ein Ankunftszentrum müsse diesen Menschen die Möglichkeit bieten, Ruhe zu finden, andere Leute zu treffen und sich auszutauschen. Gerade der Kontakt und die Unterstützung durch Menschen aus der Stadtgesellschaft sei es, der über die Zukunft von Geflüchteten entscheiden könne. Der Standort eines Ankunftszentrums, sagte Winter, zeige zudem die Haltung einer Gesellschaft, andere Menschen aufzunehmen.

> Alternative Standortideen: SPD-Stadtrat Sören Michelsburg stellte eine Idee vor, wie ein Ankunftszentrum in PHV gelingen könnte. Sie sieht vor, die Ankommenden auf einer bis zu sechs Hektar großen Fläche im Nordosten des Areals unterzubringen. Den Entwurf wolle man nach dem Bürgerentscheid der Verwaltung zur Prüfung vorlegen, sagte Michelsburg, „weil wir ihn für am sinnvollsten halten“. 

Architekt Nils Herbstrieth präsentierte das Airfield als möglichen Standort für ein Ankunftszentrum. Seinem Entwurf zufolge müssten keine neuen Flächen versiegelt werden. Stattdessen schlug er vor, mit Raummodulen zu arbeiten, die flexibel auf dem Areal aufgestellt werden könnten. 

> Alternative Entscheidungsfindungen: Die Grünen sprachen sich im Dezember dafür aus, für die Entscheidungsfindung hinsichtlich eines Standorts einen Bürgerrat aus zufällig ausgewählten Heidelbergern einzusetzen. Ein Vorschlag, der für Derek Cofie-Nunoo nach wie vor Relevanz hat, könne er doch eine „höhere Akzeptanz in der Bevölkerung“ schaffen. Unterstützung erhielt er von Fraktionskollege Manuel Steinbrenner, der aber betonte, in einem Bürgerrat nur „ein ergänzendes Werkzeug“ zur repräsentativen Demokratie zu sehen. 

Edgar Wunder, ebenfalls Vertrauensperson des Bürgerbegehrens, betonte, dass durch Beteiligungsformen wie einen Bürgerrat die repräsentative Demokratie „noch repräsentativer“ und dadurch gestärkt werden könne. Er sagte, es sei wichtig, auch nach dem Bürgerentscheid „möglichst viele Menschen mitzunehmen“. 

CDU-Stadtrat Alexander Föhr hingegen wünschte sich, auf der Grundlage dessen zu arbeiten, „was die gewählten Vertreter diskutieren und beschließen“. Bürgerbeteiligung könne diesen Prozess ergänzen. Ob man bestehende Widerstände mittels eines Bürgerrats lösen könne – dahinter wolle er „ein kleines Fragezeichen setzen“. 

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Bildunterschrift (RNZ-Artikel vom 25. März 2021): Zweigeschossige Holzmodulbauten auf versiegelter Fläche – so könnte ein Ankunftszentrum auf dem Airfield nach dem Entwurf des Architekten Nils Herbstrieth aussehen. Die Bauten ließen sich flexibel anordnen, je nach Bedarf auf- und wieder abbauen. Visualisierung: Urban Innovation

Warum eigentlich nicht das Airfield?

Urban Innovation schlägt als möglichen Standort für Ankunftszentrum ehemaligen US-Flugplatz vor – Modulbauten auf versiegelter Fläche Von Philipp Neumayr RNZ 25. März 2021

Am 11. April stimmen die Heidelbergerinnen und Heidelberger darüber ab, ob das Ankunftszentrum des Landes auf die Wolfsgärten verlegt wird. Die Stadt betont regelmäßig, dass das Gewann im Stadtteil Wieblingen der einzige Standort sei, welcher der Landeseinrichtung eine verlässliche Perspektive biete. Kurz vor dem Bürgerentscheid kommt nun noch einmal Bewegung in die Debatte. Nachdem die Heidelberger SPD einen Vorschlag erarbeitet hat, wie das Ankunftszentrum in Patrick-Henry-Village (PHV) verbleiben könnte (RNZ von gestern), bringt der Verein Urban Innovation einen weiteren Standort ins Spiel: das Airfield im Stadtteil Kirchheim.

Einer dieser Vorteile wäre, dass keine weitere Fläche versiegelt werden müsste. „Auf dem Airfield gibt es diese versiegelten Flächen schon“, sagt Herbstrieth im RNZ-Gespräch. Seinem Entwurf nach könnte man modulare Holzbauten auf die asphaltierten Flächen stellen. Diese wären freundlicher als Betonbauten, sie wären vergleichsweise kostengünstig – und sie ließen sich flexibel anordnen, je nach Bedarf auf- und auch wieder abbauen. Während die Stadt in ihren vorläufigen Plänen für ein Ankunftszentrum auf den Wolfsgärten von drei- bis viergeschossigen Bauten ausgeht, würden auf dem Airfield zwei Geschosse pro Modul ausreichen, so Herbstrieth. Das Areal umfasse knapp 16 Hektar, rund die Hälfte davon sei befestigt, also bebaut. Den Berechnungen des Architekten zufolge wäre Platz für sogar bis zu 3500 Menschen – die Zahl, die das Land ursprünglich für ein Ankunftszentrum vorgesehen hatte.

Der frühere Flugplatz der Amerikaner zwischen Baumschulenweg und Diebsweg ist seit 2013 geschlossen, seitdem wurde die Fläche kaum genutzt. Nils Herbstrieth, freier Architekt und Teil des Vorstands von Urban Innovation, hat sich nach eigener Aussage aus persönlichem Interesse heraus die Frage gestellt, wie ein Ankunftszentrum auf dem Airfield aussehen könnte. Ihm zufolge gibt es mehrere Argumente, die für den Flugplatz als künftigen Standort eines Ankunftszentrums sprechen.

Die Größe des Areals ermöglicht laut Herbstrieth aber nicht nur Platz für Wohn- und Verwaltungsgebäude, sondern auch für weitere Nutzungen. Ginge es nach ihm, dann wären das Einrichtungen oder Flächen, „die eine gewisse Integrationsmöglichkeit ermöglichen, über die man miteinander in Kontakt treten kann“. Vorstellbar wären etwa ein Studentenwohnheim oder eine Parkanlage. Eine Kollision mit den Interessen von Stadt und Internationaler Bauausstellung (IBA) Heidelberg sieht Herbstrieth nicht. Laut Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 2019 soll die Verwaltung mit der IBA und Bürgerschaft die Idee eines Landwirtschaftsparks rund um das Airfield weiterentwickeln. Mögliche Freizeitflächen könnte man aber so gestalten, dass sie auch die Stadtgesellschaft nutzen könne, sagt Herbstrieth.

Zwar wäre ein Ankunftszentrum auf dem Airfield nicht unmittelbar in einen Stadtteil eingebettet, wie es womöglich in PHV der Fall sein könnte. Von dem Flugplatz sei man aber schnell im Pfaffengrund, in Kirchheim, in Eppelheim, in der Bahnstadt, und mit dem Fahrrad auch in der Altstadt, so der Architekt. Dass etwa die Pfaffengrunder, deren Stadtteil direkt im Norden an den Flugplatz angrenzt, wenig von der Idee halten könnten, ist für Herbstrieth kein Grund, den Standort im Vorhinein auszuschließen. Es könne nicht sein, dass jeder Stadtteil alles ablehnt, was in der jeweiligen Umgebung passieren soll. Stattdessen müsse man einem Ankunftszentrum positiv gegenüberstehen. „Wir sollten die Menschen begrüßen, anstatt sie nicht zu wollen.“ Auch die Stadt müsse in dieser Hinsicht Haltung zeigen, sagt Herbstrieth.

Sein Wunsch und der von Urban Innovation sei es, „dass das Thema Ankunftszentrum noch einmal in eine breitere Diskussion kommt“, sagt Herbstrieth. Man wolle helfen, die Frage zu beantworten, wie die Einrichtung besser in die Stadtgesellschaft integriert werden könne. Ein Ankunftszentrum auf dem Airfield sei nicht die einzig mögliche Option. Vielleicht, sagt Herbstrieth, könne diese Idee aber dazu beitragen, die Blockade in der Debatte zu lösen.

1 Kommentar zu „Urban Innovation – Stadt neu denken! – online-Konferenz #2 <Ankunftszentrum>“

  1. Hier die Fragen aus dem Publikum (nicht chronologisch sortiert, sondern inhaltlich geclustert). Gerne in den Kommentaren direkt Antworten, Nachhaken und vor allem Weiterdenken. Hierfür bitte auf die jeweilige Frage verweisen, also z.B. „Zu c):”.
    Allgemeine Fragen:
    a) K. R.: Meine Frage geht an die GRÜNEN: Warum wurde im Juni letzten Jahres für die Wolfsgärten entschieden, wenn jetzt argumentiert wird, dass es noch zu früh für eine Standortentscheidung sei?
    b) Thorsten Erl: Ist die Sicherheit abhängig von einem abgeschlossenen, d.h. umzäunten, zugangskontrollierten Ankunftszentrum?
    c) Thorsten Erl: Eine entscheidende Frage: Was muss das Ankunftszentrum leisten? Wie kann Sicherheit und Integration gleichermaßen erfolgen?
    d) Thorsten Erl: Bedeutet ein Ankunftszentrum automatisch, dass Heidelberg keine Anschlussunterbringungen übernimmt?
    e) Dieter: wieso spricht niemand über die Frage, wie Geflüchtete von der Wohnbevölkerung angenommen werden und ob das nicht ein Hauptargument gegen PHV ist? Ist denn nicht in der Position der IBA und des DM zu berücksichtigen, dass das Ankunftszentrum vor Ort Menschen an der Ansiedlung hindern könnten, und dass auch bestimmte politische Parteien diese Position teilen?
    Soziale Integration:
    f) Thorsten Erl: Wie funktioniert soziale Integration für Geflüchtete bei einer Gesamtaufenthaltsdauer von ca. 4-8 Wochen im Ankunftszentrum?
    g) Thorsten Erl: Wenn das bestimmende Merkmal des Ankunftszentrums der Zaun und die Ein- bzw. Ausgangskontrolle ist, dann ist das Ankunftszentrum schlicht eine sog. „Gated Community“, die im allgemeinen nicht integrativ, sondern gerade segregativ wirken. Für das Quartier und die Nachbarn drumherum ist es egal ob sich Reiche freiwillig einschließen oder Geflüchtete eine besondere Sicherheit erfahren. Beides ist für eine integrative Stadtentwicklung falsch!
    h) Editha Marquardt: Danke für diese Perspektive an Herrn Winter. Das PHV befindet sich auch sehr in Randlage und fördert Begegnungen eher wenig. Wäre nicht ein zentralerer Standort für ein Ankunftszentrum besser?
    i) Gerda: Gibt es unter den Seelsorgern, Medizinern, Sozialarbeitern in PHV welche, die den Umzug auf die Wolfsgärten befürworten?
    Räumliche Lage:
    j) Ist Lärmschutz entlang der Autobahn im PHV besser als in den Wolfsgärten?
    k) Karin Weber: Auch das Baufeld A5 im Südwesten neben den Sportstätten wäre ähnlich gut geeignet unter Nutzung vorhandener Gebäude
    (bitte auf dem Plan zeigen) und passte bestens zum Dynamischen Masterplan.
    Airfield:
    l) Manuel Steinbrenner: Wievielt ha Fläche wurde für den SPD Vorschlag [siehe Präsentation Folie 5] angenommen? Ich hab das Bürogebäude mal grob überschlagen und komme bei 6 Geschossen nur auf 10.000 qm.

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